Pflegeberatung.Bayern Blog

Ein von Herzen offener Brief über die Berufung "Pflege"

& was damit gerade passiert...

Ich bin Ingrid Krafft-Otto.

Betreibern zweier Seniorentagesstätten, ehemalige Betreiberin (mehr als 20 Jahre) eines ambulanten Pflegedienstes, Pflegeberaterin, jahrelange Mitarbeiterin in Pflegeeinrichtungen sowohl für Menschen mit Einschränkungen im täglichen Leben, als auch in Häusern für Senioren. 

Als ich vor vielen Jahren in einer Schwesternschaft in einer Uni Klinik in Hessen meine Ausbildung begann, und zum ersten Mal eine weiße frisch gestärkte Schwesterntracht tragen durfte, auf dem meine rote Anstecknadel leuchtete, empfand ich unglaublichen Stolz und große Ehrfurcht.

Meine Ausbildung war geprägt von Wissen, Eindrücken, von Freude von Genesung aber auch von Schmerz von Sorge bis hin zum Tod, der weder vor alten als auch vor jungen Menschen Halt machte.

Oft habe ich mit Kollegen um Leben gekämpft, oft habe ich mit ihnen Freude empfunden, wenn es geschafft wurde, aber auch sehr oft geweint, wenn ein Leben zu Ende ging. Angehörige getröstet, Ehepartner in den Arm genommen, versucht durch Wort Trost zu spenden. 

Respekt und Würde einem jeden Patienten gegenüber war das Ziel, ihn anzunehmen so wie er sich uns bot, unser erlerntes Wissen einzusetzen, Menschenkenntnis und Berufserfahrung zu sammeln, Wissen aufzunehmen wo auch immer sich die Möglichkeit bot. 


Heute, viele Jahre später stehe ich an einem Punkt an dem ich auf ein sehr erfahrungsreiches Berufsleben zurückblicken kann und immer wieder Freude empfinde. Es ist „mein Beruf“ es ist das was mich erfüllt, es ist das was mich ausmacht, es ist das was mich nachts ruhig schlafen lässt, weil ich weiß, ich gebe mein Bestes. Ich bin „Meister“ in meinem Beruf, denn ich habe ein „Handwerk“ erlernt, welches ich beherrsche. Ich habe die Pflege von Menschen übernommen, wenn die Angehörigen nicht mehr weiterwussten, ich habe ihnen durch Rat und Tat zur Seite gestanden und sie unterstützt. Oft war ich bei ihnen, wenn es an die Trennung von einem geliebten Menschen ging, um ihnen beizustehen und sie zu stützen, ihnen die Angst zu nehmen.

Viele Jahre in denen meine Kinder klein waren, hatte ich gerade an so Tagen wie Weihnachten das Gefühl keine gute Mutter zu sein, weil ich es wieder mal nicht geschafft hatte rechtzeitig am heiligen Abend den Baum zu schmücken, die Geschenke zu verpacken, den Festtagsschmaus vorzubereiten, bereit zu sein für die Feiertage. Für mich gab es in der Regel diese Feiertage nicht. Denn meine Patienten waren sieben Tage die Woche auf die Hilfe die wir leisten angewiesen. 

Wie viele alleinlebende alte Menschen hätten sich gewünscht das ich an einem solchen Abend bei ihnen bin. Gerade an solchen Tagen fiel ihnen der Abschied nach dem letzten Besuch der Schwester am Heiligen Abend besonders schwer. 

Nur wer einen gleichen Beruf ausübt wie ich, weiß von was ich spreche und nur wer wie ich sein Leben der Pflege und Versorgung von Menschen gewidmet hat, weiß wie schwer es ist, und was wir in der Pflege, egal ob auf Intensivstationen, Normalstationen, Pflegeinrichtungen, häuslicher Pflege oder anderen Zweigen der Pflege leisten. Wir kämpfen täglich den Kampf für Respekt, Menschwürde, Anerkennung, Selbstbestimmtheit, Freiheit, Solidarität und Verständnis, nicht nur für unsere Pfleglinge, sondern auch für uns selbst.

Oft hört man den Satz, „Ich muss dich so bewundern, ich könnte das nicht, du leistest tolle Arbeit „. Leider wird nur das was WIR tun schnell wieder vergessen, wenn wir zurück bleiben im Krankenhaus, in Einrichtungen für Pflegebedürftigen Menschen, in der ambulanten Pflege. 


Wir wurden all die Jahre ich denen ich in welcher Sparte der Pflege auch immer gearbeitet habe nicht geschätzt, nicht wirklich für unsere Arbeit ordentlich entlohnt, nicht mit Respekt für das was wir tun belohnt. Leider wurde in den „guten Zeiten“ vergessen für die „schlechten Zeiten“ in der Pflege zu sorgen, es fehlten die Mittel, das Geld, die Notwendigkeit. 


Jetzt brennt es an allen Ecken. Jetzt wäre es nötig, Solidarität zu zeigen, jetzt wäre es an der Zeit, sich an den Händen zu fassen und sich zusammen zu tun um durch diese Krise zu kommen. Jetzt wäre Einigkeit gefragt, Mitbestimmung von Nöten, Unterstützung an allen Seiten wirklich elementar wichtig. Und was ist das Ergebnis, Gesetzte, Bestimmungen, Auflagen und noch mehr Druck.

Wir werden ausgegrenzt, unserer Entscheidungsfreiheit entmündigt. Wir sind doch ohnehin alle schon am Limit unserer Kräfte, wo ist die Hand die uns durch dieses Chaos führt, wo ist die Hilfe, auf die wir alle so notwendig warten.


Wir brauchen doch alle Hilfe, egal ob geimpft, ungeimpft, genesen, getestet, gestorben und allein zurückgeblieben. Leute was ist nur los mit euch.

ICH VERSTEH DAS ALLES NICHT MEHR. 

Wieso es so wichtig ist sich frühzeitig mit dem Thema Pflege zu beschäftigen.
von Ingrid Krafft-Otto 10. Februar 2021
Die Oma oder der Opa ist kurz unvorsichtig und fällt die Treppen herunter. Die Versorgung und Genesung läuft super und nach der Reha gehts den Großeltern wieder gut, aber die 2 Zimmer Wohnung im 3. Stock ohne Lift ist nun nicht mehr nutzbar... Solche und ähnliche Geschichten erreichen mich fast täglich.......
von Ingrid Krafft - Otto 10. Februar 2021
Der Begriff des "betreuten Wohnens" ist immer häufiger in der Presse zu finden. Viele Gemeinden und Landkreise sind aktuell dabei dieses Thema anzugehen und tolle Konzepte für Ihre älteren Einwohner zu realisieren. ....
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